Verhaltenstherapie

Zur Geschichte und Kernaussage der Verhaltenstherapie

Die Verhaltenstherapie wurde in den späten 50er Jahren begründet. Vorausgegangen waren dabei die Überlegungen J.B. Watsons, dass der Mensch einem “Black-Box-Modell” entsprechend funktioniere, in welches man keinen Einblick habe und dessen Vorgänge man nicht verstehen könne. So reagiere der Mensch nach einem Reiz-Reaktions-Schema und sein Verhalten, die jeweilige Reaktion, werde nach den entsprechend empfangenen Reizen ausgerichtet. Die sogenannten Lerntheorien waren dabei ausschlaggebend, die von einem erworbenen Verhalten in der jeweiligen lebensgeschichtlichen Entwicklung ausgingen. Alles was falsch gelernt wurde, konnte also auch wieder richtig erworben werden. In den Anfängen der Verhaltenstherapie wurden alle Krankheitssymptome ausschließlich als erlernt betrachtet. In der weiteren Entwicklung wurden auch genetische Einflüsse, sog. Dispositionen, als mitbedingend angesehen und finden in den individuell zu erstellenden biopsychosozialen Krankheitsmodellen ihre Anerkennung. In der Verhaltenstherapie geht es vorwiegend um die Orientierung im Hier und Jetzt, dabei werden die Patienten im Sinne einer ganzheitlichen Selbstmanagementstrategie zum Experten ihres Verhaltens, indem sie neue Einstellungsmuster, Verhaltensweisen und soziale Fertigkeiten erwerben.

Dabei gibt es grundsätzliche Methoden, die allsamt wissenschaftlich erprobt und bei einigen Krankheitsbildern, z. B. bei Zwangsstörungen heute als das Mittel der Wahl betrachtet werden.

Folgende Module gehören zum klassischen verhaltentherapeutischen Repertoire:

  • Aktivitätenplanung: Depressive und ängstliche Beschwerden, die als singuläre, aber auch als Begleiterkrankungen oft mit einer Antriebsloigkeit und mit einem Gefühl, gar nichts mehr hinzubekommen, einhergehen, stellen zu Beginn einer Behandlung oft den Ansatzpunkt da, überhaupt erst einmal eine Motivationserhöhung zu erreichen. Dabei wird der Patient gebeten seinen typischen Tagesablauf einmal zu protokollieren. Ersichtlich wird dann bereits oft, dass trotzdem noch einigen Aktivitäten nachgekommen wird. Manchmal erkennt man jedoch auch einen Überhang der sogenannten Pflichtaktivitäten und kann dann gemeinsam mit dem Therapeuten einen höheren Regenerationsanteil oder andere positive, verstärkende Aktivitäten planen.
  • Kognitive Verhaltenstherapie: In den siebziger Jahren zog die sogenannte kognitive Wende in die Verhaltenstherapie ein. Man ging nun nicht mehr nur noch von einem Reiz-Reaktions-Schema aus, sondern erkannte an, dass das Verhalten auch maßgeblich von den erworbenen kognitiven Schemata, also den gedanklichen Mustern einer Person bestimmt wurde. Wie Epiktet bereits formulierte: “Es sind nicht die Dinge, sondern die Sicht der Dinge” zielt dieses Modul darauf ab, erworbene, dysfunktionale Grundannahmen über die eigene Person, z. B. “Ich bin ein Versager” systematisch zu erkennen und umzustrukturieren. Hierbei wird der Patient gebeten über einen Zeitraum typische Alltagsabläufe und die eigenen Gedanken dazu, zu protokollieren. In einem gemeinsamen Entdeckungsprozess werden dann falsche Muster entlarvt und weiterhin hartnäckig nach Wahrheitsgehalt überprüft und durch funktionalere Grundannahmen zu ersetzen.
  • Konfrontationstherapie: Diese Methode stellt ein sehr klassisches Element der Verhaltenstherapie dar und kommt als direktes Anwendungsverfahren primär bei der Agoraphobie oder bei derHöhenangst zur Anwendung. Ausgehend von der Überlegung, dass ein Patient sich den angstauslösenden Reizen stellen sollte, zielt die Methode darauf ab, den Patienten an diese bisher vermiedenen Situationen zu gewöhnen, so dass die Angst stufenweise abnimmt. Die Konfrontationstherapie wird in unserer Praxis also direkt bei Angst vor dem Autofahren, vor Kaufhäusern, vor hohen Gebäuden, vor Brücken etc. durchgeführt. Aber auch bei Zwangserkrankungen, der sozialen Phobie sowie bei Essstörungen gehören Konfrontationsmethoden zum gängigen Behandlungsrepertoire.
  • Erhöhung der sozialen Kompetenz: Dieser Baustein beinhaltet die Erhöhung von sozialen Fertigkeiten, wie die adäquate Formulierung von Bedürfnissen, Bitten und Abgrenzungen (Nein-Sagen). Zudem wird die Schulung von Konfliktfertigkeiten beabsichtigt, z. B. in Konflikten sachlich seine Argumentationspunkte ausführen zu können und standfest die eigenen Ziele zu verfolgen. In Kurzrollenspielen, auch unter Zuhilfenahme der Kamera, werden Konflikte aus dem privaten oder dem beruflichen Umfeld aufgegriffen. Neue, hilfreichere Verhaltensweisen können so direkt erprobt, analysiert und gefestigt werden.